Im Rahmen der Umstrukturierung des Ministeriums für Verkehr wird die Hauptverwaltung zivile Luftfahrt (HVZL) in die sogenannte „Abteilung Luftfahrt“ umgewandelt. Der Abteilung wird das „Luftfahrtamt der DDR“ zugeordnet, dessen Struktur dem Luftfahrtbundesamt angepasst wird. Das Luftfahrtamt ist für alle Aufgaben der zivilen Luftfahrt in der DDR zuständig und untersteht der Dienst- und Fachaufsicht des MfV. Vorrangige Aufgabe der Abteilung Luftfahrt und des Luftfahrtamtes ist die Schaffung der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen zur Fusion mit den bundesdeutschen Luftfahrtbehörden. Die zentralen Schritte hierbei sind:
Mit dem Beitritt zur ICAO am 2. Mai 1990 verpflichtet sich die DDR zur Erfüllung der Statuten der internationalen zivilen Luftfahrt. Dies umfasst unter anderem die Öffnung der zivilen Luftfahrt für den internationalen Wettbewerb und die Erleichterung zum Ein- und Überflug des Territoriums der DDR durch zivile Luftfahrzeuge. Gleichzeitig müssen die alliierten Sonderrechte im Luftraum über der DDR und West-Berlin geklärt werden. Zu diesen Themenkomplexen finden im Rahmen der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen drei Plenartagungen und acht Expertengespräche statt. Dabei werden vor allem folgende Fragen geklärt:
Zwischeninformation zum Stand der Luftverkehrsgespräche im Rahmen der 2+4-Beratungen vom 31. August 1990.
Quelle: BArch, DM 1 / 16848 (pdf)Anordnung Nr. 2 über den Überflug der Staatsgrenze der DDR durch zivile Luftfahrzeuge anderer Staaten, 16. Mai 1990.
Quelle: BArch, DM 1 / 17005 (pdf)Sachstandsbericht zur Bildung des Luftfahrtamtes der DDR, 19. Juli 1990.
Quelle: BArch, DM 1 / 19057 (pdf)Interflug GmbH
Noch 1989 bestellt die DDR-Fluggesellschaft Interflug drei neue Flugzeuge vom Typ Airbus A 310, die jedoch nicht mehr in Betrieb genommen werden. Stattdessen gehen die Maschinen am 3. Oktober 1990 in die Flugbereitschaft der Bundesrepublik über.
Trotz der relativ hohen Auslastung macht Interflug Anfang 1990 erhebliche Verluste, da die Ticketpreise hoch subventioniert sind und die tatsächlichen Betriebskosten nicht decken. Zudem sind die meisten Maschinen veraltet. Besonders hoch ist der Investitionsbedarf bei den vier Verkehrsflughäfen in Ost-Berlin, Leipzig, Dresden und Erfurt, die jeweils als Unternehmensteile an Interflug angegliedert sind. Im Zuge der Entflechtung der Fluggesellschaft werden die Flughäfen zunächst aus dem Unternehmensbestand herausgelöst und in eigenständige Gesellschaften umgewandelt. Zum alleinigen Verwalter wird vorerst die Treuhandanstalt ernannt. Die Kosten für den Ausbau der Infrastruktur an den Flughäfen beziffert ein im September vom MfV erstelltes Gutachten auf 840 Mio. DM.
Im Mai und Juni 1990 laufen die Verhandlungen für die Übertragung der Anteile des MfV an der Interflug GmbH an die Treuhandanstalt. Die Anteile in einer Höhe von 180 Mio. Mark der DDR sind auf die sechs Unternehmensbereiche Interflug, Flughäfen, Flugsicherung, Agrarflug, Bildflug und VEB DEUTRANS Internationale Spedition verteilt. Bereits Ende Juli 1990 beginnen Verhandlungen zwischen der Treuhandanstalt und der Lufthansa AG, in denen mögliche Beteiligungs- und Kaufabsichten erörtert werden.
Um die finanziellen Belastungen für den staatlichen Haushalt aufzufangen, bemüht sich die DDR zudem darum, die Bundesrepublik als Gesellschafter für Interflug zu gewinnen. Zu diesem Zweck finden regelmäßig Konsultationen zwischen dem Ministerium für Verkehr und dem BMV statt. Ziel der DDR-Delegation ist es, ein eigenständiges Flugliniennetz für Interflug zu erhalten. Dabei soll, so die Vorstellung des MfV, die Lufthansa auf die Aufnahme Berlins in ihr Liniennetz verzichten, um einen Verdrängungswettbewerb zu vermeiden.
Protokoll über eine am 31. Juli 1990 durchgeführte Beratung mit Vertretern der Deutschen Lufthansa zu möglichen Formen der Zusammenarbeit mit Interflug bzw. zu Beteiligungs- und Kaufabsichten der Lufthansa.
Quelle: BArch, DM 1 / 16408 (pdf)Gesprächsvorschlag für die Beratungen mit dem Bundesminister für Verkehr vom 4. September 1990.
Quelle: BArch, DM 1 / 17005 (pdf)Am 27. Juli 1990 legt der Hauptgeschäftsführer der Interflug, Andreas Kramer, ein Konzept zur Entflechtung der Gesellschaft vor. Darin sind neben einer Analyse des Zustandes der Gesellschaft auch die Ziele des Unternehmensumbaus festgelegt:
Zur Reformierung von Interflug sieht das Konzept folgende Schritte vor:
Trotz aller eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen gelingt es nicht, Interflug als Betrieb zu erhalten. Eine geplante Fusion mit der Lufthansa scheitert Ende 1990 aufgrund eines Einspruchs vom Bundeskartellamt. Nachdem auch ein Einstieg der englischen Fluggesellschaft British Airways nicht zustande kommt, beschließt die Treuhandanstalt am 7. Februar 1991 die endgültige Liquidation der Interflug GmbH.