Der Zusammenbruch des Grenzregimes und der Rücktritt der Regierung Krenz beschleunigen den Machtzerfall der SED. Mitte November 1989 setzen die Mitglieder der Volkskammer die letzte nicht-demokratisch legitimierte Volksvertretung der DDR ein. Zudem benennt sich die SED in „Partei des Demokratischen Sozialismus“ (PDS) um und versucht wenigstens Teile ihrer Macht zu erhalten. Der Nachfolger von Egon Krenz, Hans Modrow, führt eine Allparteienregierung aus Mitgliedern der SED/PDS, den Blockparteien und den Massenorganisationen an. Im Februar 1990 treten der Regierung zudem acht Vertreterinnen und Vertreter der außerparlamentarischen Opposition als Ministerinnen und Minister ohne Geschäftsbereich bei.
Im Dialog mit der Opposition
Um Kontrolle auf die Regierung auszuüben, gründet sich am 7. Dezember 1989 auf Initiative einer Bürgerrechtsgruppe der Zentrale Runde Tisch in Ost-Berlin. Auch in anderen Bezirken, Städten und Gemeinden der DDR tagen seit Dezember 1989 Runde Tische, an denen die alten und neuen politischen Kräfte vertreten sind. Bei den Zusammenkünften geht es um die demokratische Umgestaltung der DDR. Zentrale Anliegen sind dabei die Vorbereitung freier Wahlen, eine demokratische Verfassung und die Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit.
Zusage der SED zur Teilnahme am „Rundtischgespräch“ vom 5. Dezember 1989
Quelle: BArch, DA 3/1, pag. 30 (pdf)Begrüßungsrede von Oberkirchenrat Martin Ziegler zur ersten Sitzung des Zentralen Runden Tisches am 7. Dezember 1989 und Vorschlag für die Tagesordnung.
Quelle: BArch, DA 3/1, pag. 5-7 (pdf)Sitzverteilung am Zentralen Runden Tisch
Quelle: BArch, DA 3/1, pag. 8 (pdf)Beschlüsse des ersten Rundtischgespräches
Quelle: BArch, DA 3/1, pag. 1-3 (pdf)Erste Schritte auf dem Weg zur deutschen Einheit
Bereits in seiner Regierungserklärung am 17. November 1989 schlägt Hans Modrow eine Vertragsgemeinschaft zwischen der DDR und der Bundesrepublik vor. Auf diesem Weg erhofft sich die neue DDR-Regierung, den lauter werdenden Forderungen nach einer deutschen Einheit zu begegnen. In Erweiterung zur vorgeschlagenen Vertragsgemeinschaft verkündet der Kanzler der Bundesrepublik, Helmut Kohl, am 28. November 1989 ein „10-Punkte-Programm“. Es sieht die Herstellung einer deutschen Einheit auf dem Weg einer Konföderation vor. Als Zeitraum sind fünf bis zehn Jahre veranschlagt.
Die europäischen Nachbarn reagieren skeptisch. Während Polen um den Bestand seiner Westgrenze fürchtet, sehen Großbritannien und Frankreich eine neue deutsche Großmacht heranwachsen. Lediglich die USA stehen einer potentiellen Vereinigung von DDR und Bundesrepublik positiv gegenüber. Nach Beratung mit der sowjetischen Führung gibt Hans Modrow unter der Überschrift „Deutschland, einig Vaterland“ am 1. Februar 1990 einen vierstufigen Plan bekannt, der die Bildung eines einheitlichen deutschen Staates in Form einer Föderation vorsieht.
Voraussetzung für Verhandlungen über die Einheit Deutschlands bleibt jedoch die Bildung einer demokratisch legitimierten DDR-Regierung. Die Beratungen zwischen Modrow und Kohl stocken.