Wenige Wochen nach den Wahlen konstituiert sich am 5. April 1990 die erste frei gewählte Volkskammer in der Geschichte der DDR. Das Parlament, unter Leitung der neuen Präsidentin Sabine Bergmann-Pohl (CDU), erteilt Lothar de Maizière (CDU) als Spitzenkandidaten der stärksten Fraktion, den Auftrag zur Regierungsbildung. Nach einer Woche Verhandlungen verständigen sich die „Allianz für Deutschland“, die liberalen Parteien und die SPD auf die Bildung einer Koalitionsregierung.
Grundsätze der Koalitionsvereinbarung zwischen den Fraktionen der CDU, der DSU, dem DA, den Liberalen (FDP, BFD, F.D.P.) und der SPD vom 12. April 1990.
Quelle: BArch, DA 1/19101
Protokoll der Koalitionsverhandlungen und Beschlussentwurf für die Regierung vom 23. April 1990
Quelle: BArch, DC 20/8950
Übersicht: Regierungsmitglieder
Quelle: Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Zusammengefasste Information über die Tätigkeit der Regierung der DDR unter Ministerpräsident de Maizière vom 2. Oktober 1990
Quelle: Privatarchiv Werner Ablaß
Lothar de Maizière wird am 12. April 1990 von der Volkskammer mit 265 zu 108 Stimmen sowie neun Enthaltungen zum Ministerratsvorsitzenden gewählt.
Von den 23 Ministerposten erhält die CDU zehn, die SPD sieben, an die Liberalen gehen drei Posten, zwei entfallen auf die DSU und einer geht an den Demokratischen Aufbruch.
Innen- und außenpolitische Herausforderungen
Mit der Einsetzung der ersten demokratisch legitimierten Regierung der DDR gehen 40 Jahre SED-Herrschaft endgültig zu Ende. Die Regierung de Maizière steht vor großen Herausforderungen: Einleitung umfassender innenpolitischer Reformen, Stabilisierung der wirtschaftlichen Situation und Versorgungslage sowie Schaffung der notwendigen nationalen und internationalen Voraussetzungen für die Vereinigung beider Staaten.
Um dies zu bewerkstelligen, wird das Kabinett so gestaltet, dass es der Struktur der Ministerien in der Bundesrepublik entspricht. Auf diesem Weg sollen direkte Gespräche zwischen den Ressorts vereinfacht werden. Zudem entsendet die Bundesregierung zur Unterstützung der DDR-Regierung zahlreiche Beraterinnen und Berater in die Ministerien. Um den Vereinigungsprozess auch parlamentarisch zu institutionalisieren, richten Bundestag und Volkskammer jeweils einen Ausschuss „Deutsche Einheit“ ein.
Das erste große Vorhaben der neuen DDR-Regierung ist die Aushandlung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion mit der Bundesrepublik. Um einem weiteren Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft zuvorzukommen und die ansteigende Verschuldung einzudämmen, stimmt die Bundesregierung einer raschen Währungsunion mit der DDR zu. Auch außenpolitisch steht die Regierung de Maizière vor großen Herausforderungen. Am 21. Juni 1990 erklären die Volkskammer und der Deutsche Bundestag in einer gleich lautenden Entschließung die Unverletzlichkeit der polnischen Westgrenze. Unabdingbare Voraussetzung für die Vereinigung Deutschlands bleibt aber die Zustimmung der alliierten Siegermächte des Zweiten Weltkrieges. Seit Mai 1990 verhandeln die Außenminister beider deutscher Staaten mit ihren Kollegen aus Großbritannien, Frankreich, USA und der Sowjetunion die internationalen Bedingungen für die deutsche Einheit. Größtes Hindernis ist die Frage der künftigen Bündniszugehörigkeit. Schließlich stimmt die Sowjetunion einem Beitritt Deutschlands zur NATO zu und unterschreibt am 12. September den sogenannten Zwei-plus-Vier-Vertrag in Moskau.
Die Regierung in der Krise
Aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen, wie die wirtschaftliche und finanzielle Krise in der DDR zu überwinden sei, zerbricht die große Koalition im August 1990. Nachdem Ministerpräsident Lothar de Maizière am 16. August mehrere Minister aus ihren Ämtern entlassen hat, darunter auch Finanzminister Walter Romberg von der SPD, verlassen am 20. August 1990 aus Protest alle übrigen SPD-Ministerinnen und Minister die Regierung. Die Liberalen hatten bereits Ende Juli ihre Unterstützung (nicht jedoch ihre Minister) der Regierung entzogen. Die Ministerposten werden bis zum 2. Oktober 1990 kommissarisch besetzt.
Information über die Geschäftsordnung an Minister Reichenbach bezüglich Regelungen zur Entlassung bzw. Abberufung von Ministern
Quelle: BArch, DC 20/6138, pag. 1-5
Erklärung zum Austritt der Liberalen aus der Regierungskoalition
Quelle: BArch, DC 20/6086, pag. 35
Schreiben der Volkskammerpräsidentin Sabine Bergmann-Pohl an Ministerpräsident Lothar de Maizière vom 21. August 1990 (ohne Anlagen)
Quelle: BArch, DC 20/19607, pag. 123-124
Am 12. April 1990 wird Lothar de Maizière zum Ministerpräsidenten der letzten DDR-Regierung gewählt. Er tritt das Amt mit dem Ziel an, den eige...