Die Verhandlungen über den Vertrag zur Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) beginnen am 6. Juli 1990 in Ost-Berlin. Leiter der DDR-Delegation sind Ministerpräsident Lothar de Maizière und der Parlamentarische Staatssekretär Günther Krause. Die bundesdeutsche Delegation leitet der Bundesminister des Inneren, Wolfgang Schäuble.
Bereits am 1. Juni 1990 treffen sich Vertreter der DDR und der Bundesregierung zu gemeinsamen Vorgesprächen, um eine generelle Verständigung über Etappen und Zeitplan der Verhandlungen festzulegen. Der Plan sieht folgende Schritte vor:
Um die Verhandlungen innerhalb der DDR-Regierung vorzubereiten, führt Günther Krause umfangreiche Beratungen mit allen Ministerien durch. Mit Hilfe eines Fragenkatalogs geben alle Ressorts Einschätzungen zu ihren spezifischen Themenfeldern ab. Anhand derer erstellt die DDR-Regierung einen ersten Entwurf eines Vertrages, der als Grundlage für die Verhandlungen dienen soll.
Zwei zentrale Fragen müssen zu Beginn der Verhandlungen geklärt werden:
Schnell einigen sich die Verhandlungspartner auf den Abschluss eines Staatsvertrages. Auf diesem Weg lassen sich die zahlreichen notwendigen Rechtsangleichungen am einfachsten vornehmen und abstimmen. Auf bundesrepublikanischer Seite gestalten sich die internen Abstimmungen schwieriger als bei der DDR-Regierung, da die zehn Bundesländer ein Mitspracherecht bei den Verhandlungen fordern.
Zur Durchführung der ersten gesamtdeutschen Wahlen schließen die DDR und die Bundesrepublik einen „Vertrag zur Vorbereitung und Durchführung der ersten gesamtdeutschen Wahl“ (Wahlvertrag) ab. Darin sind die Wahlmodalitäten, wie beispielsweise die Festlegung einer Fünf-Prozent-Sperrklausel und die Erhöhung der Mitgliederzahl des Bundestages, festgelegt. Die Wahlen sollen am 2. Dezember 1990 stattfinden.
Auf vier großen Treffen auf ministerieller Ebene werden die Bedingungen für den Einigungsvertrag verhandelt. Parallel finden auf den unteren Arbeitsebenen zahlreiche weitere Treffen statt, auf denen Detailfragen geklärt werden.
Die Koalitionskrise der DDR-Regierung fällt mitten in die Verhandlungen zur deutschen Einheit. Die daraus resultierenden Rücktritte und Entlassungen mehrerer Minister erhöhen den Verhandlungsdruck. Noch bevor der Einigungsvertrag unterschrieben ist, stimmt die Volkskammer in der Nacht vom 22. auf den 23. August 1990 einem gemeinsam von den Fraktionen der CDU/DA, DSU, F.D.P. und SPD eingebrachten Beitrittsbeschluss zur Bundesrepublik zu.
Damit ist ein Einigungsvertrag im Grunde nicht mehr notwendig, da das Bundesrecht in der DDR auch durch ein Überleitungsgesetz hätte in Kraft gesetzt werden können. Um eine gleichberechtige Vereinigung zu gewährleisten, werden die Verhandlungen trotzdem fortgesetzt.
Während Fragen der Beitrittsmodalitäten relativ schnell geklärt werden, sind andere Themenkomplexe Gegenstand intensiver Verhandlungen. Dies sind insbesondere:
Besonders die Übertragung bundesdeutschen Rechtes auf das sogenannte Beitrittsgebiet erfordert eine enorme Anzahl an Ausnahmeregelungen, die in den fast 1.000 Seiten langen Anlagen des Einigungsvertrages zusammengefasst sind.
Unterschrift und Ratifizierung
Am Morgen des 31. August 1990 stimmen der DDR-Ministerrat und das Bundeskabinett dem Einigungsvertrag zu. Günther Krause und Wolfgang Schäuble unterschreiben den Vertrag.
In den folgenden Wochen finden in der Volkskammer Nachverhandlungen statt, z.B. zum weiteren Umgang mit den Akten der Staatssicherheit. Am 20. September 1990 stimmen Volkskammer und Bundestag dem Vertrag zu. Neun Tage später tritt der Vertrag in Kraft. Auf der letzten Volkskammersitzung am 2. Oktober 1990 verabschiedet die Volkskammerpräsidentin Sabine Bergmann-Pohl die Abgeordneten mit den Worten:
„Wo immer Sie Ihr Weg hinführen mag, ein reicher Schatz an Erfahrungen wird Sie dabei begleiten, neue Herausforderungen werden sich stellen. Ich wünsche Ihnen auf diesem Weg von ganzem Herzen Glück und Erfolg. Vielen Dank.“
Mit Wirkung vom 3. Oktober 1990 vereinigen sich beide deutsche Staaten zu einem souveränen Staat. Die Teilung ist beendet und die deutsche Einheit vollzogen.
Zwischen Juni und August 1990 verhandeln die DDR und die Bundesrepublik über den Einigungsvertrag. Am 29. September 1990 tritt er in Kraft.