Ende des Jahres 1989 existieren in der DDR fünf landesweite, zwölf regionale und ein Hörfunkprogramm für die sorbische Minderheit sowie zwei Auslandsdienste (Stimme der DDR, Radio Berlin International). Zudem werden auf zwei Programmen die Sendungen der staatlichen Fernsehanstalt der DDR ausgestrahlt. Zusätzlich erscheinen insgesamt 39 Tageszeitungen sowie zahlreiche Magazine und Zeitschriften. Alle Veröffentlichungen der Massenmedien werden bis zum Herbst 1989 von der SED überwacht und zensiert. Verantwortlich für die Kontrolle des Mediensystems der DDR sind das Staatliche Komitee für Rundfunk und das Staatliche Komitee für Fernsehen sowie das Presseamt der DDR. Medienpolitisch gelenkt werden diese Institutionen durch die Abteilung Agitation und Propaganda beim Zentralkomitee der SED.
Während der Proteste im Herbst 1989 gehören die Presse- und Meinungsfreiheit zu den zentralen Forderungen der Demonstrierenden, doch die SED ist nur zögerlich bereit, freiwillig auf ihr Medienmonopol zu verzichten.
Aufgrund der zunehmenden öffentlichen Proteste werden die geforderten medienpolitischen Reformen sowohl am Zentralen Runden Tisch, als auch in der Regierung Modrow diskutiert. Am 5. Februar 1990 verabschiedet die Volkskammer auf Empfehlung des Runden Tisches einen Beschluss über die Gewährleistung der Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit, der die Zensur und das SED-Medienmonopol endgültig beendet. Parallel zu den politischen Entwicklungen gründen sich zahlreiche neue, unabhängige Zeitungen, während die etablierten parteipolitischen Blätter sich um interne Reformen bemühen. Auch bei Hör- und Fernsehfunk gibt es Bestrebungen, die Berichterstattung zu reformieren und das Personal in den Redaktionen auszutauschen.
Nach der Volkskammerwahl am 18. März 1990 beschließt die große Koalition am 13. April 1990 die Bildung eines neuen Ministeriums für Medienpolitik, das aus dem Presse und Informationsdienst der Regierung der DDR (PIDR) hervorgeht. Hauptaufgabe des Ministeriums ist die Erarbeitung eines Mediengesetzes, das die Überleitung der DDR-Medienlandschaft in das föderative und demokratische Mediensystem der Bundesrepublik gewährleisten soll. Besonders der Umstand, dass mit dem Ministerium erneut eine zentrale Behörde geschaffen wird, und dieser zudem kein entsprechendes bundesdeutsches Pendant gegenübersteht, sorgt in der westdeutschen Rundfunklandschaft und der Öffentlichkeit in der DDR von Beginn an für Kritik und Misstrauen.
Zum Minister für Medienpolitik wird der Thüringer Theologe Gottfried Müller ernannt, der bis 1990 vor allem Erfahrungen im Bereich der kirchlichen Presse und Verlage gesammelt hatte. Als Parlamentarischer Staatssekretär fungiert Horst Schulz, der für die Abteilungen Öffentlichkeitsarbeit, Organisation und Privatisierungen zuständig ist. Als zweiter Staatssekretär wird der medienpolitische Sprecher der SPD Manfred Becker eingesetzt, der die Verantwortung für den Bereich Grundsatzfragen der Medienpolitik übernimmt.
Der Amtssitz des Ministeriums für Medienpolitik
Der Dienstsitz des Ministers für Medienpolitik befindet sich 1990 in den Räumlichkeiten des ehemaligen Presse und Informationsdienst der Regierung der DDR (PIDR). Der große Gebäudekomplex zwischen Wilhelmstraße (damals Otto-Grotewohl-Straße) und Mauerstraße beherbergt von 1933 bis 1945 das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Nach dem Krieg wird es zeitweise durch den Deutschen Volksrat, den Vorgänger der DDR-Volkskammer, und anschließend vom Rat der Nationalen Front der DDR genutzt. Heute befindet sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in den Räumlichkeiten.