Als das amtliche Wahlergebnis der DDR-Kommunalwahlen vom 7. Mai 1989 verkündet wird, steht für viele Menschen fest: Die Abstimmung wurde gefälscht. Landesweit hatten Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler die Auszählung der Stimmen überwacht. In einigen Wahllokalen beträgt die Differenz zu den offiziell verkündeten Zahlen bis zu zehn Prozent. Der nachgewiesene Wahlbetrug führt zu öffentlichen Protesten, hunderten Eingaben und Strafanzeigen gegen SED-Funktionäre. Ab Juni 1989 finden monatlich Demonstrationen gegen den Wahlbetrug statt.
Die Zeitschrift „Wahlfall 89“ dokumentiert die von der Opposition im Mai 1989 nachgewiesenen Wahlfälschungen.
Quelle: Archiv Bundesstiftung Aufarbeitung, Vorlass Rainer Eppelmann, Akte 66 (pdf)Der Ost-Berliner Pfarrer Rainer Eppelmann erstattet am 16. Mai 1989 Strafanzeige gegen die Leiterin der Stadtbezirkswahlkommission Berlin-Friedrichshain wegen des Verdachts auf Wahlfälschung.
Quelle: Archiv Bundesstiftung Aufarbeitung, Vorlass Rainer Eppelmann, Akte 66 (pdf)Zehntausende nutzen den Sommerurlaub und reisen in der Hoffnung nach Ungarn, einen Weg in den Westen zu finden. Andere besetzen die bundesdeutschen Botschaften in Prag, Warschau, Budapest und Ost-Berlin, um ihre Ausreise zu erzwingen. Die Regierung der DDR steht diesen Entwicklungen hilflos gegenüber. Als Ungarn die Grenze nach Österreich für DDR-Bürgerinnen und -Bürger offiziell öffnet, flüchten innerhalb weniger Tage 15.000 Menschen in den Westen. Gleichzeitig formiert sich in der DDR die Bürgerrechtsbewegung, die immer stärkeren Zulauf erhält. Mit der Resolution „Aufbruch 89“ gründet sich beispielsweise im September das „Neue Forum“, das einen breiten Dialog über demokratische Reformen fordert. Am 7. Oktober gründet sich mit der SDP die erste politische Partei in der DDR, die damit den Alleinvertretungsanspruch der SED angreift.
Am 4. September beginnen die Leipziger Montagsdemonstrationen, deren Teilnehmer in den ersten Wochen immer wieder verhaftet werden. In landesweiten Fürbittgottesdiensten solidarisieren sich die Menschen mit den zu Unrecht Inhaftierten. Als Anfang Oktober 1989 die Menschen aus der besetzen Botschaft in Prag mit Sonderzügen über das Territorium der DDR in die Bundesrepublik ausreisen können, kommt es erneut zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und Massenfestnahmen. Nur wenige Tage darauf feiert die Staatsführung am 7. Oktober 1989 den 40. Gründungstag der DDR mit Massenaufmärschen, Militärparaden und einem Festakt im Palast der Republik in Ost-Berlin. Auch an diesem Tag geht die Volkspolizei gewaltsam gegen Demonstranten vor. Zwei Tage später versammeln sich 70.000 Menschen zu einer Kundgebung in der Leipziger Innenstadt. Entgegen aller Befürchtungen bleibt dieses Mal alles friedlich. Unter dem Druck der Bevölkerung entschließt sich die SED zu einem Führungswechsel. Erich Honecker tritt am 18. Oktober 1989 zurück, sein langjähriger Stellvertreter Egon Krenz wird sein Nachfolger. Die ungenügenden Reform- und Dialogversuche seitens der Staats- und Parteiführung werden von Teilen der Bevölkerung abgelehnt. Massendemonstrationen im ganzen Land führen schließlich am 7. November 1989 den Rücktritt der neu eingesetzten Regierung unter Egon Krenz herbei.
In der Nacht vom 9. zum 10. November 1989 geschieht das Undenkbare: Die Ost-Berliner Bevölkerung erzwingt die Öffnung der Grenzübergänge an der Berliner Mauer. Auf einer Pressekonferenz am frühen Abend des 9. November hatte der SED-Funktionär Günter Schabowski neue Reiseregelungen angekündigt, die es DDR-Bürgerinnen und -Bürgern ermöglichen sollen, ohne Beschränkungen auch ins westliche Ausland reisen zu können. Auf die Nachfrage eines Journalisten zum Zeitpunkt des Inkrafttretens antwortete Schabowski irrtümlich „sofort, unverzüglich“. In den Abendnachrichten der Westmedien wird daraufhin die Öffnung der Berliner Mauer verkündet. Tausende machen sich auf den Weg an die Mauer, um die Meldung zu überprüfen. Die überforderten und nicht-informierten Grenztruppen geben dem Druck der Bevölkerung nach. Der erste Schlagbaum öffnet sich am Grenzübergang Bornholmer Straße.